- Lean Management: Grundzüge eines Konzepts zur Steigerung der Unternehmenseffizienz
- Lean Management: Grundzüge eines Konzepts zur Steigerung der UnternehmenseffizienzDer Begriff »Lean Management« ist aus dem Begriff »Lean Production« hervorgegangen und hat im Grunde die gleiche Bedeutung, mit dem Unterschied, dass »Lean Management« einen breiteren Anwendungsbereich hat, beispielsweise in den Bereichen Handel, Dienstleistung und Verwaltung. Der hinter dem Begriff stehende Ansatz kommt aus Japan, und der Begriff »Lean Production« stammt aus einer Studie des Massachusetts Institute of Technology (»The machine that changed the world«, 1990). Grundelemente des Lean Managements sind Teamarbeit, flache Hierarchien (im Gegensatz zu den ansonsten in Organisationen oft pyramidenförmig aufgebauten Hierarchien, deren Weisungs- und Entscheidungsbefugnis bei abnehmender Zahl von unten nach oben zunimmt), Qualitätskontrolle, Kundenorientierung, Outsourcing und Just-in-time-Fertigung. Das Konzept setzt sich in Europa und den USA seit Beginn der 90er-Jahre vor allem in der Automobilindustrie durch. Allerdings gab es vergleichbare Konzepte in Europa auch schon zu Beginn der 70er-Jahre.Oberstes Ziel des Lean Managements ist es, Arbeitsabläufe zu optimieren, Kosten zu senken und die Qualität der Produkte (bezeihungsweise Dienstleistungen) zu erhöhen. Insofern unterscheidet es sich nicht von älteren Unternehmensphilosophien wie z. B. dem Taylorismus (benannt nach seinem Begründer, dem amerikanischen Ingenieur und Betriebswirtschaftler Frederick Winslow Taylor, 1856—1915), der mit entgegengesetzten Mitteln prinzipiell das Gleiche erreichen wollte. Ein nicht zu unterschätzender »Nebeneffekt« des Lean Managements ist allerdings in der mechanischen Fließbandarbeit völlig ausgeklammert: Die höhere Zufriedenheit und bessere Gesundheit der beteiligten Mitarbeiter. In der klassischen Massenproduktion wird (ebenso wie in der modernen Verwaltung) der Arbeitsprozess in kleinste Schritte zerlegt (»atomisiert«), sodass eine Reihe von gering qualifizierten Arbeitern oder Angestellten mit (gegebenenfalls) hoch spezialisierten Maschinen in der Lage ist, den Prozess durchzuführen. Das Paradebeispiel dafür ist die Fertigung von Kraftfahrzeugen. Im Gegensatz dazu wird im Lean Management ein größerer Abschnitt der Produktion (beziehungsweise der Abwicklung von Vorgängen) an ein Team von fünf bis zehn Mitarbeitern übergeben, wobei durch »job rotation« nach einer gewissen Zeit prinzipiell jeder Einzelne in der Lage ist, die im Team anfallenden Arbeiten zu erledigen. Ein weiteres Element der Lean Production ist das »Pull-Prinzip« in Verbindung mit »Outsourcing« und Just-in-time-Fertigung. »Pull« bedeutet, dass im Gegensatz zum »Push-Prinzip« nicht die größtmögliche Anzahl produziert wird, die dann in den Markt gepumpt werden muss, sondern dass gemäß den Wünschen der Kunden beziehungweise den ermittelten Bedürfnissen des Marktes produziert wird. »Outsourcing« heißt, dass untergeordnete Arbeitsabläufe ausgelagert, das heißt an Spezialisten vergeben werden, um Kosten und Aufwand zu sparen. Auf lange Sicht wird ein Netz fester Zulieferer aufgebaut, sodass eine Pyramide von den untersten Zulieferern bis zum Endverkäufer entsteht. Das inzwischen geläufige Just-in-time-Prinzip sorgt für die Minimierung der Lagerhaltung und der Durchlaufzeiten, indem es versucht, basierend auf den Möglichkeiten der Informations- und Kommunikationstechnik eine genaue Abstimmung von Materialzuliefer- und Produktionsterminen zu ermöglichen. Noch ein wichtiger Aspekt ist die Implementierung »flacher Hierarchien« und die Öffnung des Kommunikationsflusses im gesamten Unternehmen. Eine einfache Zusammenfassung des Lean Managements könnte lauten: Optimierung, Integration und Flexibilisierung. Diese Aspekte sind keineswegs neu, sie reichen in der westlichen Welt zum Teil bis in die 20er-Jahre zurück. Die im Jahre 1972 in den schwedischen Volvo-Werken erfolgte — in den Medien fälschlicherweise als »Abschaffung des Fließbandes« bezeichnete — Produktionsumstellung trug bereits viele Züge der Lean Production, allerdings erfuhr sie nirgends eine vergleichbar konsequente Durchsetzung wie in Japan. Vorreiter war Kiichiro Toyoda, der in den 50er-Jahren zu dem Schluss kam, dass das amerikanische System für Japan untauglich sei. Daraufhin entwickelte er die Grundprinzipien der Lean Production und setzte sie in den Toyota-Werken höchst erfolgreich um.Die Arbeit im Team ist eines der wichtigsten und bekanntesten Elemente des Lean Managements, und der Begriff »Teamwork« ist seit Jahren in aller Munde. Bezogen auf das Beispiel der Automobilindustrie bedeutet Teamarbeit, dass nicht ein einzelner Arbeiter am Fließband steht und einen einzigen Handgriff immer wieder ausführt, sondern dass ein Team von fünf bis zehn Arbeitern für einen größeren Abschnitt des Produktionsvorgangs zuständig ist, beispielsweise für die Montage von Karosserien. Eine Folge davon ist, dass jeder Mitarbeiter erlebt, was die anderen tun und dass alle gemeinsam regelmäßig ein Ergebnis ihrer Arbeit vor Augen haben. Die nächste Stufe ist »job rotation«, das heißt, dass die Einzeltätigkeiten in gewissen Abständen unter den Mitarbeitern gewechselt werden, sodass jeder in der Lage ist, sämtliche anfallenden Arbeiten zu verrichten und eventuelle neue Teammitglieder schnell einzuarbeiten. Bei der gemeinsamen Arbeit an einem Projektabschnitt können darüber hinaus Fehler schnell erkannt und behoben werden. In Fabriken mit Lean Production besteht für das Team die Möglichkeit, das Band anzuhalten, um Fehler (gegebenenfalls zu den Vorgängerteams) zurückzuverfolgen und zu beseitigen, in schwereren Fällen auch die Möglichkeit, in kürzester Zeit einen Meister oder Ingenieur zurate zu ziehen. Ein Teamleiter bzw. Teamsprecher ist von der Produktion weitgehend freigestellt, um Koordinationsaufgaben innerhalb des Teams, zwischen verschiedenen Teams oder mit den übergeordneten Ebenen wahrnehmen zu können. Dazu gehört auch das Vorschlagsrecht der Mitarbeiter für Verbesserungen am Arbeitsplatz.Kommunikation/ Projektmanagement/ Flache HierarchienDas gleiche Konzept, das auf der untersten Ebene in Form der Teams mit Teamsprechern besteht, gilt für das gesamte Unternehmen: Verschiedene Abteilungen gleicher Ebene stehen ebenso miteinander in Verbindung wie die Ebenen untereinander. Vertikal betrachtet bedeutet das einerseits, dass Teamsprecher sich an Ingenieure, Abteilungsleiter und Management wenden können, andererseits dass die Angehörigen der höheren Ebenen verpflichtet sind, sich mit den Vorgängen auf tieferen Ebenen zu beschäftigen. In einigen Betrieben sind beispielsweise Ingenieure verpflichtet, vor Aufnahme ihrer eigentlichen Tätigkeit ein Jahr in der Montage zu arbeiten — analog könnte man leitende Angestellte mit einfachen Verwaltungstätigkeiten vertraut machen oder Ärzte ein Jahr lang Pflegedienste leisten lassen, um ein Bewusstsein für den gesamten Prozess zu schaffen. Eine weitere Möglichkeit, die Hierarchien de facto flach zu halten, wurde im 1992 in Eisenach errichteten Opel-Werk wahrgenommen: Die »Chefetagen« wurden in Form gläserner Großraumbüros in die Montagehallen integriert. In den gleichen Bereich gehört das Projektmanagement: Ein für die komplette Abwicklung eines komplexen Vorgangs zuständiger Projektmanager ist im Rahmen seines Projekts verschiedenen Abteilungen übergeordnet, die eventuell in der grundsätzlichen Unternehmenshierarchie über ihm stehen, und er ist direkt verantwortlich für Vorgänge auf der tieferen Ebene. Auf andere Projekte bezogen kann die gleiche Person einem Projektmanager unterstellt sein, der unter Umständen aus einer anderen Abteilung kommt und ihm womöglich in der Hierarchie untergeordnet ist. Dieses »Matrixmanagement« (wie in einer Matrix überschneiden sich Zuständigkeiten und Verpflichtungen horizontal und vertikal) sorgt dafür, dass theoretisch jeder Unternehmensteil irgendwann mit sämtlichen anderen Unternehmensteilen in Kontakt steht und zusammenarbeitet.Erfolg des Lean ManagementsDie Motivation, sich an den japanischen Methoden der Unternehmensführung und -organisation zu orientieren, entstand im Westen aus der statistisch belegten Tatsache, dass in Japan deutlich weniger Mitarbeiter in deutlich kürzerer Zeit deutlich mehr leisteten als in Europa oder den Vereinigten Staaten, und zwar in höherer Qualität und zu geringeren Kosten. Als Beispiel hier ein Vergleich zwischen einer amerikanischen Automobilfabrik (General Motors) und einer japanischen (Toyota) aus dem Jahre 1986: GM wendete pro gefertigtem Wagen 40,7 Stunden auf, Toyota 18. Auf 100 Einheiten kamen bei GM 130 Produktionsfehler, bei Toyota lediglich 45. Die durchschnittliche Lagerzeit der benötigten Bauteile betrug bei GM zwei Wochen, wogegen die Teile bei Toyota durch Outsourcing und Just-in-time-Prinzip nur zwei Stunden »gelagert« werden mussten. Die Produktivität japanischer Firmen betrug also letztlich ein Mehrfaches der Produktivität amerikanischer Unternehmen — und die Zahlen für Europa sind den amerikanischen größenordnungsmäßig vergleichbar. Inzwischen sind in den westlichen Industriestaaten Lean Production und Lean Management dabei, sich auf breiter Basis durchzusetzen. Vorreiter in Deutschland war Opel mit dem Astra-Werk in Eisenach. Mercedes-Benz, BMW, Volkswagen und andere haben mittlerweile nachgezogen, ebenso wie Großunternehmen in anderen Branchen. In den letzten Jahren hat sich »Lean Management« zu einem häufig in den Medien zu hörenden oder zu lesenden Schlagwort entwickelt, unter anderem im Zusammenhang mit aufgeblähten Verwaltungsapparaten. Die Umstrukturierung öffentlicher und privater Unternehmen ist im Gange.Lean-Management.Karl-Heinz Sohn: Lean Management. Düsseldorf 1993.Dirk Bösenberg und Renate Hauser: Der schlanke Staat. Lean-Management statt Staatsbürokratie. Düsseldorf 1994.
Universal-Lexikon. 2012.